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Aus aktuellem Anlass: Informationen zur Abmahnwelle „Google Fonts“

Derzeit erreichen die ServiCon und den MITTELSTANDSVERBUND vermehrt Meldungen unserer Mitglieder über Abmahnungen in Sachen „Google Fonts“. Was es damit auf sich hat und wie Sie und Ihre Anschlusshäuser die Problematik rasch entschärfen und richtig reagieren, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Regelmäßig werden gerade mittelständische Unternehmen mit wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen konfrontiert. In den letzten Tagen mehren sich die Meldungen unserer Mitglieder über Abmahnungen in Sachen „Google Fonts“ von unterschiedlichen Absendern, insbesondere aber von der „RAAG-Kanzlei“ mit Rechtsanwalt Kairis aus Meerbusch bzw. Rechtsanwalt Lenard aus Berlin. Inhaltlich werden die betroffenen Unternehmen dabei unter Berufung auf eine Entscheidung des Landgerichts München stets aufgefordert, den vermeintlichen Mandanten der Kanzleien wegen eines behaupteten rechtswidrigen Einsatzes von „Google Fonts“ ohne Einwilligung einen „immateriellen Schadensersatz“ in Höhe von ca. EUR 160,00 nebst Rechtsverfolgungskosten zu überweisen. Daneben stellt die „RAAG-Kanzlei“ stets einen datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch an die Webseiten-Betreiber.

„Google Fonts“ ist ein interaktives Verzeichnis mit über 1.400 von Google bereitgestellten Schriftarten (engl.: fonts). Diese Bibliothek ist frei verfügbar und kann sowohl remote als auch lokal verwendet werden.

I Rechtlicher Hintergrund  
Zutreffend ist, dass das Landgericht München I einem Betroffenen in einem Einzelfall einen immateriellen Schadensersatzanspruch („Schmerzensgeld“) für die Verwendung von „Google Fonts“ ohne Einwilligung in Höhe von EUR 100,00 zugesprochen hat.

Allerdings: Unabhängig davon, ob die Einschätzung des LG München I datenschutzrechtlich zutreffend ist und von Aufsichtsbehörden und den Gerichten übernommen wird, ist derzeit nicht absehbar, ob andere Gerichte sich einer derartigen Schadensersatz-Zumessung anschließen werden. Das Urteil des LG München I stützt den Schmerzensgeld-Anspruch lediglich auf ein „allgemeines Unwohlsein“ der betroffenen Person, wenn die IP-Adresse an Google in den USA übermittelt wird. Ob das im Ergebnis ausreichend ist, ist in einem anderen Verfahren derzeit in Klärung beim Europäischen Gerichtshof.

Empfehlung: Betroffene Webseitenbetreiber sollten vorläufig jedenfalls – soweit möglich – „Google Fonts“ herunterladen und lokal über eigene Server einbinden. Dies entschärft die Problematik des Verbindungsaufbaus und der Weitergabe von IP-Adressen der Betroffenen an Google zu weiten Teilen.

II Zum konkreten Fall

Auf der Grundlage des vorgenannten Urteils hat sich in kurzer Zeit eine regelrechte „Abmahnindustrie“ entwickelt. Offenbar suchen sich die „Abmahner“ bewusst Seiten im Internet heraus, auf denen „Google Fonts“ von extern eingebunden werden, allein um diese abzumahnen. Stets wird keine strafbewehrte Unterlassungserklärung verlangt, sondern allein Schadensersatz in geringer Höhe unter kurzer Fristsetzung Es kann unterstellt werden, dass massenhafte Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden, um daraus einen finanziellen Vorteil zu erzielen. Dies stellt in der Rechtsprechung ein gewichtiges Indiz für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen dar. Ist das Verhalten rechtsmissbräuchlich, können die Schadensersatzansprüche nicht durchgesetzt werden.

Nach Kenntnis der ServiCon ist es in gleichgelagerten Fallen bisher weder zu aufsichtsbehördlichen Verfahren, noch zu gerichtlicher Inanspruchnahme gekommen. Eine gerichtliche Inanspruchnahme ist bereits wegen der geringen Forderungshöhe unwahrscheinlich, da die Anwalts- und Gerichtskosten den Forderungsbetrag wesentlich überschreiten und dies vom „Abmahner“ vorfinanziert werden müsste. Überdies ist bekannt geworden, dass die zuständigen Rechtsanwaltskammern bereits berufsrechtliche Schritte gegen die o.g. Abmahner prüfen.

Darüber hinaus gilt, dass der geltend gemachte Auskunftsanspruch nur bei ordnungsgemäßer Vollmacht zu erfüllenist. Bis dahin darf keine Auskunft erteilt werden; da dies selbst einen Datenschutzverstoß bewirken könnte. Bislang übersendet die „RAAG-Kanzlei“ keine oder nur unzureichende Vollmachten mit eingescannten chinesischen Schriftzeichen des vermeintlichen Mandanten „Wang Yu“. Es liegt nahe, dass ein solcher Mandant tatsächlich nicht existiert. Die ServiCon empfiehlt daher, die Absender zu kontaktieren, und die Ansprüche mit oben genannter Argumentation zurückzuweisen.

Für Fragen können Sie sich gern an unsere Kooperationskanzlei WOLFF GÖBEL WAGNER wenden, die mit ihren Fach- und Rechtsanwälten bereits für zahlreiche Verbundgruppen und Anschlusshäuser die anwaltliche Vertretung zur Abwehr der unberechtigten Forderungen übernommen hat.

Kontakt:

Rechtsanwalt Julian Scheele
WOLFF GÖBEL WAGNER
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Grünstr. 16
58095 Hagen
T +49 (0)2331 9149-0    
F +49 (0)2331 9149-14/41
E-Mail: julian.scheele@wgw.law
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Dr. Marc Zgaga
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